Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch
"Sind Sie schwanger?"
Eine Frau aus Nordrhein-Westfalen hatte sich auf eine befristete Schwangerschaftsvertretung beworben. Im Vorstellungsgespräch fragte der Chef sie, ob sie selbst schwanger sei. Die Frau verneinte. Dabei war sie es wirklich.
Nachdem der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfahren hatte, klagte er. Er wollte den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Vor Gericht machte er deutlich, dass er keine Schwangere für eine Schwangerschaftsvertretung einstellen wollte. Doch das Landesarbeitsgericht entschied gegen den Arbeitgeber: Bewerberinnen haben das Recht, ihre Schwangerschaft geheim zu halten (Aktenzeichen 6 Sa 641/12).
Dennoch beantworten Bewerber immer wieder Fragen im Bewerbungsgespräch, die der Chef gar nicht stellen darf. Das ergab eine Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Demnach sind viele Bewerber für solche Fragen nicht ausreichend sensibilisiert.
Details zur Umfrage
So gingen etwa 39 Prozent der Befragten davon aus, dass Frauen in Bewerbungsgesprächen gefragt werden dürften, ob sie schwanger seien. Die Befragten sahen das Interesse des Chefs als gerechtfertigt an, weil er dadurch besser planen könne. Das bewerteten sie höher als den Schutz der Bewerberin vor Diskriminierung.
Doch die Frage nach einer Schwangerschaft ist in jedem Fall unzulässig, selbst wenn aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Schwangere eine spezielle Tätigkeit gar nicht ausführen dürfen.
Für grundsätzlich zulässig hält je eine deutliche Mehrheit der Bewerber Fragen des Arbeitgebers nach
- dem Alter (86 Prozent),
- der Staatsangehörigkeit (72 Prozent),
- einer Schwerbehinderung (72 Prozent),
- dem Familienstand (69 Prozent),
- und danach, ob der Bewerber Deutsch als Muttersprache spricht (65 Prozent).
Dabei handelt es sich um Informationen, die oft bereits in den schriftlichen Bewerbungsunterlagen angegeben werden. Dies könnten Gründe dafür sein, dass viele Bewerber Fragen danach für grundsätzlich in Ordnung halten - doch dabei sind sie nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.
So ist etwa die Frage nach einer Behinderung oder Schwerbehinderung nur dann erlaubt, wenn der Bewerber sonst seine Arbeit nicht ausführen könnte. Das ist etwa bei Polizisten der Fall, die besondere gesundheitliche Anforderungen erfüllen müssen.
Auch bei Fragen zur Staatsangehörigkeit und Muttersprache kann es sich um eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft handeln. Zulässig ist die Frage nach sehr guten deutschen Sprachkenntnissen daher nur, wenn diese für die ausgeschriebene Stelle tatsächlich erforderlich sind.
Der Arbeitgeber darf sich auch nicht nach der Familiensituation oder -planung erkundigen. Solche Fragen könnten Frauen benachteiligen.
Darf der Chef nach der Religion fragen?
Die Abfrage der Religions- oder Konfessionszugehörigkeit durch den Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch halten 29 Prozent der Befragten für zulässig. Bewirbt sich jemand bei Religionsgemeinschaften und ihnen zugeordneten Einrichtungen, etwa der Caritas, ist die Frage ausnahmsweise erlaubt. Denn: Die Zugehörigkeit zur jeweiligen Konfession kann zur Bedingung für die Beschäftigung gemacht werden, wenn dies nach dem kirchlichen Selbstverständnis und Selbstbestimmungsrecht zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist. Sonst nicht.
Wenig umstritten unter den Befragten ist die Frage nach der sexuellen Orientierung: Hier ist sich die überwiegende Mehrheit von 93 Prozent bewusst, dass Fragen danach nicht erlaubt sind. Eine Ausnahme ergibt sich hier allerdings im Zusammenhang mit kirchlichen Arbeitgebern. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der sexuellen Identität wäre hier gerechtfertigt.
Demnach dürfen Religionsgemeinschaften von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen. Homosexualität oder das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft könnten einen Verstoß gegen dieses Loyalitätsgebot darstellen.
So zog ein katholisches Gymnasium in Nordrhein-Westfalen einen Arbeitsvertrag zurück, weil ein Lehrer seinen Lebensgefährten heiraten wollte. Die Einstellung des Lehrers stimme "nicht mit den Vorstellungen der katholischen Kirche von Ehe und Familie überein".
"Gesunder Löwe" gesucht
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Laut der Umfrage fällt es vielen Bewerbern schwer, einzuschätzen, ob eine bestimmte Frage in einem bestimmten Kontext nicht doch zulässig sein könnte.
Die Antidiskriminierungsstelle schlägt daher vor, sich bereits bei der Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch gut auf alle möglichen Fragen vorzubereiten: Ist es gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber nach einer körperlichen Behinderung oder Beeinträchtigung erkundigt, weil für die ausgeschriebene Stelle besondere körperliche Anforderungen Voraussetzung sind? Handelt es sich um einen Arbeitgeber in kirchlicher Trägerschaft, der nach der Religionszugehörigkeit fragen darf?
Ist sich der Bewerber unsicher, kann er im Vorstellungsgespräch auch immer eine Gegenfrage stellen, inwiefern etwa die gewünschte Information für die ausgeschriebene Stelle relevant sei.