Frauen in Parteien
Die gehen nicht so leicht weg
Es wird immer interessant, wenn in Institutionen, die nicht gerade als feministisch bekannt sind, gesagt wird, dass man nun endlich mehr Frauen brauche. Wenn man Pech hat, geht es einfach ums Aufräumen. Oder dass Frauen einem eigentlich kaputten System ein paar sanftere Nuancen verleihen sollen, wenn sie schon nicht ganz schaffen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Wenn es dagegen gut läuft, geht es tatsächlich um die Idee, Frauen mehr Freiheiten zu verschaffen.
Der Regisseur Oskar Roehler hat im "Zeit Magazin" in der Serie "Ich habe einen Traum" davon gesprochen, wie Frauen die Welt retten könnten. Ich schwanke in meiner Beurteilung seines Statements zwischen "gute Idee", "süß" und "schlimm". Letzteres vor allem wegen der sehr konkreten Vorstellungen Roehlers, wie Frauen generell so sind und sein sollten, wenn sie mehr Macht haben. "Ich träume von einer Revolution; von einer behutsamen Übernahme durch einen sanften Feminismus", sagt Roehler. "Die Welt muss weiblich werden - mir fällt nichts anderes ein, was die Welt zum Positiven verändern könnte." Männer hätten es lang genug versucht und "genug verbockt". Jetzt müssten die Frauen ran, weil sie so anders seien als Männer. Sie würden Umwelt- und Tierschutz ernstnehmen und den Kapitalismus auflösen. Wow. Darauf einen Heidi-Klum-Joghurt, auf ex ausm Plastikbecher!
Mein Lieblingszitat: "Meine Frau weint nicht nur jedes Mal, wenn ein verhungernder Eisbär gezeigt wird, der Anblick prägt ihr Weltbild und ihr Verhalten so stark, dass sie, anders als ich, bereit ist, sich von bequemen Gewohnheiten zu verabschieden und zum Beispiel keine Plastiktüten mehr zu benutzen. Frauen können viel asketischer und disziplinierter sein, wenn es darauf ankommt."
Drauf ankommen tut es zurzeit jedenfalls bei so einigen. Beim 70-jährigen Jubiläumstreffen der Frauen-Union hat Angela Merkel neulich gesagt, der Frauenanteil von 25 Prozent in der CDU genüge "nicht den Ansprüchen einer Volkspartei" und sei sogar eine "Existenzfrage" für sie. Stimmt natürlich. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer sprach sich für eine stärkere Berücksichtigung von Frauen aus, twitterte dann aber kurz darauf zum Abtreibungsrecht: "Man muss nicht jede 'Mode' mitmachen." Die Regelung zum Verbot für "Werbung" über Abtreibung solle daher beibehalten werden. Was allerdings heißt, Frauen sowie Frauenärztinnen und -ärzten weiterhin das Leben unnötig schwer zu machen.
Mehr Freiheiten für Frauen als "Mode" zu bezeichnen, ist ziemlich frech, denn Frauen gehen nicht so leicht weg. Das merken sogar die Leute in der katholischen Kirche: "Frauen sind keine Erscheinung des Zeitgeistes", sagte die Autorin Christiane Florin auf dem Katholikentag am Wochenende. "Frauen sind eine Spezies, der man mit äußerstem Misstrauen begegnen muss. Ihr Gefahrenpotenzial muss gründlich untersucht werden. In der katholischen Kirche dauert diese Untersuchung nun schon 2000 Jahre, und sie ist längst noch nicht abgeschlossen." Frauen würden in der katholischen Kirche, so Florin, "entweder auf- oder abgewertet", aber nicht gleichgestellt. Auch Annegret Kramp-Karrenbauer forderte mehr Macht für Frauen in der Kirche. Das sei zwar ein Traditionsbruch, "aber die katholische Kirche würde nicht daran zugrunde gehen."
Das ist natürlich immer so eine Frage, was Zugrundegehen heißt. Man kann berechtigterweise schon fragen, ob es sich überhaupt lohnt, konservative Institutionen wie die Kirchen oder die CDU überhaupt feministisch zu reformieren und wie viel dann, wenn man mal Ernst macht, überhaupt von ihnen übrigbleibt.
Auch die FDP hat ein Frauenproblem. Ihr Frauenanteil ist gesunken, er liegt sogar unter dem der CDU. Man hätte schon gerne mehr Frauen in der Partei, aber die Tür soll hart bleiben. Wie auf jeder Eliteparty. Aber eine Frauenquote einzuführen, so verrückt weit will man dann doch noch nicht gehen. "Frauen sind keine förderungswürdigen Opfer", sagt FDP-Vorstandsmitglied Linda Teuteberg. Sie ist von der Frauenquote nicht überzeugt, aber "offen" dafür. Ganz anders die JuLis. "Wir halten Frauenquoten für den falschen Weg", sagte JuLi-Vorsitzende Ria Schröder, "wir wollen nicht, dass Frauen auf ihr Geschlecht reduziert werden." Kaum jemand will das, nur leider werden ja auch Männer auf ihr Geschlecht reduziert, wenn man den Kumpeleien und alten Mechanismen, durch die Männer so häufig an wichtige Jobs gelangen, nichts Handfestes entgegensetzt. Von alleine geht es nicht unbedingt vorwärts, und eine Institution, die hauptsächlich auf sogenannte Leistung setzt, wird immer denjenigen einen Vorteil bieten, die schon oben sind.
Christian Lindner betonte beim Parteitag trotzdem, die FDP sei die "wirkliche Alternative für Frauen" - allerdings nur für solche, die "sich selbst von jeder Form der Genderideologie freimachen wollen." Kurze Hoffnung, ihm möge der rechte Kampfbegriff "Genderideologie" nur versehentlich in die Bäckertüte gerutscht sein, aber auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer erklärte: "Wir möchten Frauen, die nicht auf linke Staatswirtschaft und Genderideologie hereinfallen, aber auch die alten Rollenbilder, wie die der CSU, ablehnen." Da kann man schon mal fragen: Was hat man eigentlich für ein Frauenbild, wenn man meint, diejenigen, die eine andere Meinung in Genderfragen haben, seien auf eine "Genderideologie" "hereingefallen"?
Ärgerlich, wenn durchscheint, dass man womöglich nur mit Feminismus-Attrappen mehr Frauen anlocken will, um als Partei zu überleben. "Ein sinkender Frauenanteil ist für die Marke der neuen FDP nicht förderlich", das weiß die FDP selbst. Die Frage ist, ob es die Marke FDP auf die Dauer braucht.
Wie gut, dass Frauen allerdings auch ohne Mitarbeit in von Männern geprägten Vereinen vorankommen. Im Jahr 1911, lange bevor es die FDP gab, schrieb die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann einen Aufsatz zur Frage "Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern?" (Die Liberalen kamen bei ihr auch schon nicht gut weg.) Frauen durften damals noch nicht wählen, aber in Parteien eintreten und mitarbeiten. Heymann kam zu dem Schluss: "In keinem Lande, wo Frauen heute das Stimmrecht haben, haben sie sich dasselbe auf Grund der in Parteien geleisteten Mitarbeit erobert." Anständige Frauen hätten bisweilen "einen unüberwindlichen Ekel gegen die Parteiarbeit der Männer".
Die Frauenbewegung müsse sich am politischen Leben beteiligen, dürfe sich aber durch Parteiarbeit nicht ermüden und auslaugen lassen. 107 Jahre später ist die Frauenbewegung so weit, dass selbst die ältesten und vertrocknetsten Vereine langsam merken, dass sie an der Frage nach mehr Frauenrechten nicht vorbeikommen werden, wenn sie bestehen bleiben wollen.