Transgender-"Polizeiruf" aus Magdeburg
Mordmotiv Vagina-Neid
Zwei junge Frauen wurden ermordet und rituell verschnürt - der Verdacht fällt auf eine Blumenverkäuferin. Ein Magdeburger "Polizeiruf", der überrascht und anrührt.
Freitag, 08.02.2019
11:46 Uhr
Als sie vor drei Jahren das erste Mal verhaftet wurde, war sie laut ihren Papieren noch ein Mann. Als sie sie nun das zweite Mal in Kontakt mit der Polizei gerät, ist sie eine Frau. Die Unschuldsvermutung galt und gilt bei ihr nur bedingt. Die Blumenverkäuferin Pauline Schilling (Alessija Lause) ist es gewohnt, dass Spekulationen befeuert werden, wo der Körper Geschlechtergrenzen übertritt. Wer für das Gegenüber nicht fassbar erscheint, auf die oder den lässt sich leicht jeder Verdacht projizieren.
Im Falle von Pauline Schilling ist das der Verdacht, zwei junge Frauen getötet zu haben. Vor drei Jahren wurde eine Prostituierte ermordet aufgefunden, jetzt die Arzthelferin einer psychiatrischen Praxis. Bei beiden Frauen wurden nach dem Tod die Beine verschnürt, so als wollte der Täter oder die Täterin das Geschlechtsorgan der Opfer zudrücken.
Mit der Prostituierten pflegte Schilling damals Kontakt, weil diese die Frau verkörperte, die sie selber werden wollte. Die Arzthelferin arbeitete bei der Therapeutin, die Schilling bei der Geschlechtsangleichung begleitete. Für die Polizei ist die Transfrau die ideale Täterin, schon weil die rituell anmutende Inszenierung der beiden Opfer die Tat sexuell lesbar macht: Mordmotiv Vagina-Neid?
Dieser Transgender-"Polizeiruf" ist sehr plastisch. Vor allem in seinen Dialogen. Am besten aber sind die kurzen Gesprächsszenen zwischen Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und der Hauptverdächtigen, weil sie die Projektionsmechanismen der einen als auch die Selbstbehauptung der anderen auf den Punkt bringen.
Kommissarin: "Warum haben Sie Prostituierte besucht?"
Verdächtige: "Um Frauengespräche zu führen. Am Anfang habe ich sogar dafür bezahlt. Und dann waren Jessi und ich irgendwann Freunde."
Kommissarin: "Sie haben gesagt, dass Jessica Peschke Ihnen den einen oder anderen experimentierfreudigen Freier abgetreten hat."
Verdächtige: "Weil man mir das geglaubt hat."
Brasch pathologisiert und kriminalisiert ihr Gegenüber, Schilling besteht auf ihr Frausein, auf ihre sexuelle Strahlkraft. Die Auseinandersetzung zwischen Spekulation und Selbstbehauptung geht in eine zweite Runde:
Kommissarin: "Waren Sie neidisch auf Jessica Peschke, auf das, was sie hatte, auf das Echte?"
Verdächtige: "Bitte was?"
Kommissarin: "Na ja, wenn jemand eine Frau war, dann war das Jessica Peschke, und wenn jemand, damals jedenfalls, noch keine Frau war, dann waren Sie das."
Verdächtige: "Sie haben keine Ahnung, mein Körper war damals vielleicht noch nicht soweit, aber mein Kopf war es immer."
Dieser "Polizeiruf" ist der bislang anspruchsvollste aus dem lange Zeit glücklosen TV-Revier in Sachsen-Anhalt. Drehbuchautor Wolfgang Stauch und Regisseur Torsten C. Fischer hatten schon in der vorherigen Folge milde innovative Akzente gesetzt, hier finden sie einen Weg, das Transgender-Thema in den Sonntagskrimi zu bringen, ohne dass da ein allwissender Erklärbär den Sachverhalt für die ganz Blöden erläutern muss. Die Therapeutin (Birge Schade), die der Verdächtigen bei ihrer Geschlechtsangleichung begleitet hat und der Polizei Auskunft gibt, ist ebenfalls transgender. Sie argumentiert sehr plastisch - und nicht aus der im Sonntagskrimi üblichen Expertinnen-Distanz.
Tschiller in Hamburg
Die "Tatort"-Allmachtsträume habe sich nicht erfüllt. Der zu Extra-Konditionen engagierte Mega-Star Til Schweiger brachte der Krimi-Reihe keine Mega-Quoten als Kommissar Tschiller. Auch nicht durch Panzerfaust- und Helene-Fischer-Einsatz. Nach an der Publikumsfront gescheiterten Action-Blockbuster-Versuchen wird gerade an der sechsten Tschiller-Folge geschrieben: Der Haudrauf, so hört man, soll darin als gebrochene Figur gezeichnet werden. Ausstrahlung nicht vor 2020.
Dorn und Lessing in Weimar
Ist das noch ein Krimi? Nora Tschirner als Kommissarin Dorn und Christian Ulmen als Kollege Lessing lassen mit lässiger Eleganz die üblichen "Tatort"-Ermittlerstanzen ins Leere laufen - und das ausgerechnet im Einflussgebiet des MDR, wo man sich früher schwer tat mit Humor und Subversion. Nach der anfänglich schleppenden Programmierung als Event-"Tatort" ermitteln Dorn und Lessing nun zweimal im Jahr. Demnächst wird darüber verhandelt, wie es mit dem TV-Revier weitergeht. Wir hoffen auf eine lange Zukunft.
Borowski in Kiel
Der Weltenwandler: Als Klaus Borowski ist Axel Milberg am besten, wenn er in Parallelkosmen von Psychopathen hinabsteigt - vielleicht weil Borowski selber nah am Wahnsinn gebaut ist. Seit 2003 dabei, stand bis 2009 sinnigerweise unter der Beobachtung einer Polizeipsychologin. Doch die Frauen kommen und gehen im Borowski-"Tatort". Nach Maren Eggert und Sibel Kekilli hat nun die hochgehandelte türkischstämmige Schauspielerin Almila Bagriacik ("4 Blocks") die Rolle des weiblichen Sidekick übernommen.
Sieland, Gorniak und Schnabel in Dresden
Lustig ging es los, unentschieden ging es weiter, ernst soll es werden. Alwara Höfels, Karin Hanczewski und Martin Brambach hatten in den ersten Folgen sehr zu kämpfen mit dem unausgegorenen Konzept des MDR. Höfels zog inzwischen die Konsequenzen und verabschiedete sich vom Dresden-"Tatort". Ihren Part wird demnächst Cornelia Göschel übernehmen.
Falke in Norddeutschland
Für immer Punk: Wotan Wilke Möhring als Kommissar Falke hört Punk und trägt zum Schlafen wie zum Ermitteln ein fadenscheiniges Ramones-Shirt. Erst war er in Hamburg unterwegs, dann musste er Til Schweiger die Stadt überlassen und zog ins norddeutsche Umland ab, jetzt darf er wieder in Hamburg ermitteln. In der Rolle der Co-Ermittlerin agiert Franziska Weisz als Julia Grosz. Zwei Folgen im Jahr.
Berg und Tobler im Schwarzwald
Eva Löbau als Franziska Tobler und Hans-Jochen Wagner als Friedemann Berg benötigen keine Dialogfanfaren oder exotische Rollenbiografien. Sie verwerten, was dieser witterungsintensive Krimi-Schwarzwald hergibt. Ein Heimatkrimi, in dem alles lokal produziert wird: Obst, Schnaps, der Tod. Mit der dritten Folge vom Winter 2018, die zum Teil aus der Perspektive eines unter Schizophrenie leidenden Studenten gezeigt wurde, zeigte die Crew aus dem äußersten Südwesten Deutschlands, dass sie bei allem knorrigen Naturalismus auch Kopf-Kino kann.
Murot in Hessen
Keine Angst vor dem Pianisten! Ob am Klavier oder am Maschinengewehr - Ulrich Tukur als Kommissar Murot ist fast immer eine Sensation. Fast immer: Die Nummer mit den Gauklern in der Zirkus-Folge "Schwindelfrei" von 2013 war wirklich übel, dafür war die Tarantino-meets-Truffaut-Folge "Im Schmerz geboren" 2014 ein absolutes Meistwerk der Reihe. Eine angenehme Abwechslung ist es, dabei zuzuschauen, wie sich Ulrich - Hoppla, jetzt komm ich - Tukur als LKA-Mann Felix Murot durch die Handlung singt, tanzt und musiziert. Oder eben auch mal mit der Schnellfeuerwaffe für Ordnung sorgt. Großes Thriller-Kino. Läuft, wann immer Tukur mal Lust auf einen "Tatort"-Dreh hat.
Lannert und Bootz in Stuttgart
Die Geschundenen: Richy Müller als Thorsten Lannert und Felix Klare als Sebastian Bootz sind prima Kerle. Der eine mit tragischer Undercover-Ermittler-Vergangenheit, der andere als ehrenhaft gescheiterter Ehemann. Seit 2008 sind sie im Einsatz, am Anfang wurde die Fälle noch arg routiniert runtergespült. Doch die jüngsten Stuttgart-Episoden behandeln auf ästhetisch höchstem Niveau Aufregerthemen wie Stuttgart 21 und unaufgearbeitete RAF-Geschichte. Ein formvollendeter Film-Noir war der Krimi, der komplett aus der Perspektive eines Lügners erzählt war. Großes Krimi-Kino!
Faber, Bönisch, Dalay und Kossik in Dortmund
Die Kranken: Jörg Hartmann schluckt als Peter Faber reichlich Pillen und schlägt Toiletten kaputt. Anna Schudt als Kollegin Martina Bönisch steigt mehr zum Frustabbau als zum Lustgewinn mit Callboys und Staubsaugervertretern ins Bett. Aylin Tezel als Nora Dalay und Stefan Konarske als Daniel Kossik haben schon gemeinsam auf Streife und im Bett zusammen geschwitzt - würden aber niemals das L-Wort benutzen. Zwei Folgen im Jahr. Eines der wenigen TV-Reviere mit stringenter Figurenentwicklung. Die Elite des deutschen Fernsehkrimis. Stefan Konarske ist inzwischen ausgestiegen und wurde durch Rick Okon ("Das Boot") ersetzt.
Boerne und Thiel in Münster
Der Prof und der Proll: Seit 2002 ermitteln Jan Josef Liefers als Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne und Axel Prahl als Frank Thiel zwischen Keksdynastien, Kartoffelkönigen und Spargelkaisern. Der eine Snob und eng verbandelt mit der Münsteraner Honoratiorenschaft, der andere St.-Pauli-Fan und Outsider. Eine Kombination, mit der anfangs gekonnt grotesker Humor in den "Tatort" geschmuggelt wurde, der erschöpfte sich in den letzten Jahren aber in Gag-Kanonaden. Zwei Fälle im Jahr, regelmäßig von neuen Quotenrekorden flankiert.
Brix und Janneke in Frankfurt
Wie sind die denn drauf? So ausgeglichen wie Paul Brix (Wolfram Koch, l.) und Anna Janneke (Margarita Broich, r.) geht sonst niemand in Fernsehkrimideutschland zur Arbeit. Gute Laune als Alleinstellungsmerkmal, ein interessanter Dreh. Statt Reibung die geballte Aufmerksamkeit für den jeweiligen Fall. Brix war früher bei der Sitte, Janneke hat zuvor als Psychologin gearbeitet: Eine gute Ergänzung, um in die harten, kranken und doch oft auch heiter verdrehten Fälle des hessischen "Tatorts" hinabzusteigen. Hier wird gerne experimentiert, unvergessen der Geisterhaus-Horror, der für heftigen Debatten innerhalt der ARD sorgte. Zwei Folgen im Jahr.
Rubin und Karow in Berlin
Er ein Schwein, sie eine Schlampe: Im Gegensatz zu den einstigen sonnigen Haupstadt-Cops Ritter und Stark sind "Tatort"-Nachfolger Mark Waschke als Robert Karow und Meret Becker als Nina Rubin mit extrem schwarzen Strich gezeichnet. Während Karow in der ersten Episode krumme Geschäfte mit der Drogenmafia laufen hat, vergnügt sich Rubin bei SM-Spielchen in den Hinterhöfen von Kreuzberger Hipster-Bars. Neben krassen Charakterzeichnungen gibt es im radikal modernisierten Berliner "Tatort" vor allem stimmige Hauptstadtimpressionen. Zwei Folgen pro Jahr.
Stellbrink in Saarbrücken
Der Unentschlossene: Seit 2013 ermitteln Devid Striesow als Jens Stellbrink und Elisabeth Brück als Lisa Marx in Saarbrücken. Er ist ein kiffender Gefühlsmensch, sie eine rabiate Analysemaschine. Man mag es in Saarbrücken in Sachen Charakterzeichnung eben gerne ein bisschen schlichter. Das Potenzial des Großschauspielers Striesow wurde nie auch nur annähernd ausgeschöpft. Abgang im Januar 2019.
Voss und Ringelhahn in Franken
Die Fremden: Felix Voss ist ein verirrtes und verschlossenes Nordlicht mit Vorliebe für Techno-Exzesse, Paula Ringelhahn machte noch zu Mauerzeiten aus dem Osten rüber, weil sie an Freiheit und Demokratie glaubte. Jetzt ermitteln die beiden Kommissare, die überhaupt nicht zueinanderpassen, in einer Gegend, in der sie zudem noch deplatziert wirken. Eine reizvolle Grundsituation. Einmal jährlich gehen Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel als ungleiches Paar im Hinterland von Unter-, Mittel- und Oberfranken auftreten. Hinrichs hatte zuvor schon in einer BR-Episode als Ermittler-Kauz Gisbert für Furore und verliebtes Publikum gesorgt.
Eisner und Fellner in Wien
Der doppelte Espresso: Seit 1999 ermittelt Harald Krassnitzer als Major Moritz Eisner mürrisch, praktisch, gut. An die 5000 Tassen Mokka und andere starke koffeinhaltige Getränke hat er seitdem in sich hineingeschüttet. Seit 2011 wird er von Adele Neuhauser als Bibi Fellner unterstützt, einer (meistens) trockenen Alkoholikerin mit Hang zur Halbwelt am Prater. Wien, düster und kalt wie ein kleiner abgestandener Schwarzer. 2014 gab es den Grimme-Preis.
Ballauf und Schenk in Köln
Das Ehepaar: Klaus J. Behrendt als Max Ballauf und Dietmar Bär als Freddy Schenk standen lange für den guten alten Soziokrimi - kein Thema, das von den beiden nicht warmherzig wegermittelt und wegerklärt wurde. Schenk hat zu Hause eine Frau, die man noch nie gesehen hat. Aber mal ehrlich: Was kann die schon gegen seine große Liebe Ballauf ausrichten? Seit 1997 dabei, drei bis vier Fälle im Jahr. Nachdem Anfang 2014 Assistentin Franziska grausam aus dem TV-Revier gemordet wurde, geht es bei den Kölnern düsterer und unversöhnlicher zu. Steht den beiden "Tatort"-Oldies eigentlich ganz gut.
Lürsen und Stedefreund in Bremen
Die ewigen Spontis: Sabine Postel als Inga Lürsen und Oliver Mommsen als Nils Stedefreund liefern sich ein schönes Wechselspiel. Wenn der Jungspund es zu wild treibt, setzt sie ihr strenges Gesicht auf, wenn die Chefin allzu viel Spaß hat, macht er den Miesepeter. Schnoddrig lösen die beiden auf diese Weise politisch aufgeladene Fälle. Links, launig, manchmal ein wenig zu laut. Sie ist seit 1997 dabei, er seit 2001. Zwei bis drei Fälle im Jahr, oft starke B-Movies. Für 2019 ist der Abschied angekündigt.
Lindholm in Hannover und Umgebung
Die Frau von heute: Seit 2002 ist Maria Furtwängler in der Rolle der Charlotte Lindholm in Niedersachsen unterwegs und wurde in den letzten Jahren zum Inbegriff der modernen weiblichen Ermittlerin. WG-erfahren, hochschwanger während brisanter Ermittlungen, später brachte sie Kind und Karriere gut zusammen. Lindholm ist die personifizierte Selbstoptimierung, im Herzen konservativ, aber offen für Experimente. Kurz: die Ursula von der Leyen des "Tatorts". Früher zwei bis drei Episoden im Jahr, jetzt nur noch eine. Nicht immer großartig, niemals langweilig.
Batic und Leitmayr in München
Die ewigen Junggesellen: Seit mehr als einem viertel Jahrhundert sind die beiden schon im Einsatz - und immer noch gut für einen Skandal: Zuletzt sorgten Kommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec, l.) und Kollege Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) mit einem expliziten Krimi über das Münchner Porno-Geschäft für Aufruhr unter den Zuschauern. Ob Swingerclubs oder Polyamorie: Neugierig steigen die in Ehren ergrauten bayerischen Buben weiterhin in die schwierigeren erogenen Zonen der deutschen Gesellschaft hinab.
Flückiger in Luzern
Der Leisetreter: Nachdem Stefan Gubser als Reto Flückiger bereits einige Male als Gast bei Kollegin Klara Blum in Konstanz ermittelt hatte, bekam er 2011 ein eigenes Revier in Luzern. Bringt eine leise Note in den zur Hysterie neigenden "Tatort". In der desaströsen ersten Folge stand ihm noch Sofia Milos als Abby Lanning zur Seite, dann übernahm Delia Mayer als Liz Ritschard die weibliche Sidekick-Rolle. Sie spielt die erste offen lesbische Ermittlerin im "Tatort"-Verbund. Publikumslieblinge wurden die beiden nie, 2019 läuft die letzte Folge. Danach soll es mit dem Schweizer "Tatort" in Zürich weitergehen.
Odenthal in Ludwigshafen
Die Experimentiermaschine: Hier gab es die schönsten amourösen Eskapaden und die verwegensten Storys - samt Ausflug ins All. Ulrike Folkerts als Lena Odenthal ist seit 1989 im Einsatz, Andreas Hoppe als Mario Kopper stieß 1996 dazu. Aber hat den "Tatort" 2017 wieder verlassen. Zur Zeit stellt der SWR mit dem TV-Revier allerhand Versuche an, die beiden Impro-Folgen blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Trotzdem: Bitte weiter experimentieren!
Wie besetzt man so eine Transgender-Geschichte? In der Serie "Pose", die in New Yorks fabulöser queerer Ballroom-Szene der Achtziger spielt und gerade bei Netflix zu sehen ist, werden die Transfrauen von Trans-Darstellerinnen gespielt. Das Filmprojekt "Rub und Tug" über einen transgender Unterweltkönig wurde letztes Jahr auf Eis gelegt, nachdem die vorgesehene Hauptdarstellerin Scarlett Johansson erkannt hatte, dass sich ihre Figur als Mann identifiziert.
Eine Frau, schon immer
Auch die Verantwortlichen des "Polizeiruf" haben bei der Besetzungsfrage mit sich gerungen. Ursprünglich war für die Hauptrolle eine Trans-Schauspielerin angedacht; weil die Suche erfolglos blieb, wurde eine nicht-transgender Schauspielerin engagiert. Das mag nicht ideal erscheinen, entspricht aber der Logik der Figur: Weil diese sich immer als Frau gefühlt hat, wird sie von einer Frau verkörpert und nicht von einem Mann, der sich als eine verkleidet.
Die Schauspielerin Alessija Lause ringt der Sehnsucht ihrer Pauline, endlich auch im Spiegel der anderen als das wahrgenommen zu werden, was sie ist, einige starke Szenen ab. Etwa in der Beziehung zu einem Sparkassen-Angestellten, der unfähig ist, seine Anziehung in offene Liebe zu verwandeln - ein Motiv, das auch im Transgender-Spektakel "Pose" eine zentrale Rolle spielt.
Zugegeben, der in Raucherkneipen, Bordellen und Sparkassen-Restaurants spielende "Polizeiruf" ist kein Spektakel; es gibt Momente, da quietscht es im Getriebe, um den identitätspolitischen Subtext in den Krimi-Plot zu bringen. Doch als Grußadresse des Mainstream-Fernsehens an eine Gesellschaft der offenen Geschlechtsentwürfe hält er einige überraschend glaubwürdige, überraschend zärtliche Momente parat.
Bewertung: 8 von 10 Punkten
"Polizeiruf 110: Zehn Rosen", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD