Auslaufmodell Bezahlstudium
Hamburg schafft Studiengebühren ab
Was Olaf Scholz (SPD) im Wahlkampf dutzendfach versprochen hat, hat der Hamburger Senat nun entschieden: Zum Wintersemester 2012/13 müssen Studenten in Hamburg keine Studiengebühren mehr bezahlen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage beschloss der Senat am Dienstag. "Studiengebühren sind sozial ungerecht und in Deutschland mittlerweile zum Auslaufmodell geworden", sagte die Hamburger Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD).
Die Hamburger Bürgerschaft muss die Vorlage nun noch billigen. Eine Zustimmung gilt allerdings als sicher, da in Hamburg die SPD allein regiert und die absolute Mehrheit im Hamburger Landesparlament hat.
Die entfallenen Einnahmen würden vollständig kompensiert, sagte Stapelfeldt. Die Hochschulen erhalten ab 2013 zusätzlich 37,8 Millionen Euro jährlich. Für die verbleibenden Monate im Wintersemester 2012/13 sollen sie einmalig 8,95 Millionen Euro zusätzlich erhalten.
In Hamburg hatte der damalige CDU-Senat 2007 Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester eingeführt. Nach der Bürgerschaftswahl von 2008, als die CDU eine Koalition mit den Grünen einging, wurden die umstrittenen Gebühren auf 375 Euro pro Halbjahr gesenkt.
Im Wahlkampf hatte Scholz dann versprochen: Wenn ihr die SPD wählt, schaffen wir die Studiengebühren ab. Schon im April verkündete Scholz, inzwischen Hamburgs Erster Bürgermeister, dass die Studiengebühren im Oktober 2012 abgeschafft werden sollen. Den Studenten geht das nicht schnell genug. "Der Beschluss des Senats ist frech und unverschämt", sagte damals Nadine Berger vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren. Der Ausstieg komme zwei Semester zu spät. Früher sei nicht möglich, konterte die Wissenschaftssenatorin - dafür fehle das Geld.
Siechtum des Bezahlstudiums
In Hamburg gibt es 20 Hochschulen mit insgesamt mehr als 75.000 Studenten. Hier wurde in den vergangenen Jahren besonders hart um die Studiengebühren gekämpft: Studenten starteten unter anderem einen Gebührenboykott. An der Universität Hamburg machten nur 6000 Studenten mit. Doch an der Hochschule für Bildende Künste weigerten sich bis zu 60 Prozent der gebührenpflichtigen Studenten zu zahlen, unterstützt von 26 Professoren, die warnten: Hamburg vergrault seine jungen Künstler.
Die Organisatoren starteten eine Kampagne, für die sich nackte Kunststudenten in Hörsälen filmen ließen. Motto: "Sie nehmen dir das letzte Hemd." Der Streit eskalierte: Mehr als 50 Boykotteuren drohte im vergangenen Jahr die Pfändung. Laut Hochschul-Asta ließen die zuständigen Landeskassen bei einigen Studenten schon die Bankkonten sperren.
Der Kampf hat sich letztlich gelohnt - auch wenn es gedauert hat. Damit setzt sich das Siechtum der Studiengebühren fort: Ein Bundesland nach dem anderen schafft sie ab. In Nordrhein-Westfalen fallen ab Herbst keine Gebühren mehr an. In Baden-Württemberg will Grün-Rot die Campusmaut ebenfalls kippen. In Niedersachsen und Bayern müssen Studenten noch zahlen.
Im August schrieb Erich Barke, Präsident der Leibniz-Universität in Hannover, in einer internen Mail an seine Professoren: "Wenn Bayern verzichtet, ist damit zu rechnen, dass es bald auch in Niedersachsen keine Studienbeiträge mehr geben wird." Eine entsprechende Diskussion war Mitte Juli kurz aber heftig geführt worden, erst ein Machtwort des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) beendete die Debatte. Das Bezahlstudium, es wird zum Auslaufmodell.
fln/dpa/AFP