Verschwenderische Betriebsfeiern
Wie der DFB Verbandsgelder verprasst
Kaum hatte der SPIEGEL vergangene Woche über Lustreisen und Saufgelage beim Deutschen Fußball-Bund berichtet, da machte sich auch schon ein Verbandsanwalt ans Telefonieren. Seine Aufgabe: Das Finanzamt Frankfurt zu besänftigen, damit nicht schon wieder die Steuerfahndung zur Razzia einreitet - so wie damals nach den Enthüllungen über die Sommermärchen-Affäre (SPIEGEL 43/2015).
Schließlich muss das Finanzamt dem DFB regelmäßig die Gemeinnützigkeit und damit den Anspruch auf satte Steuervorteile bescheinigen. Funktionäre, die es sich von den Mitgliedsbeiträgen zu gut gehen lassen, gefährden dieses Steuersparmodell erheblich.
Der Verband hat allen Grund zur Sorge, denn bei üppigen Reisen zu Welt- und Europameisterschaften oder Besäufnissen am Rande von Jugendsichtungsturnieren ist es nicht geblieben, wie bisher unbekannte Papiere zeigen.
Beispiel: die DFB-Weihnachtsfeier aus dem Jahr 2016. Knapp 140.000 Euro sollte die vorweihnachtliche Sause 2016 laut einer internen Budgetplanung von Ende November kosten. Machte bei den etwa 360 Mitarbeitern des Verbandes und seiner Tochterunternehmen rund 390 Euro pro Kopf.
"Natürlich wäre es besser, wenn wir im Rahmen der ursprünglich budgetierten 120.000 Euro hätten bleiben können", schrieb DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius im November 2016 an die verbandseigene Eventabteilung. "Vor dem Hintergrund der nachvollziehbaren gestiegenen Kosten ist der Budgetvorschlag über 139.000 Euro in Ordnung".
Vorsatz zum Vollsuff
Schließlich feiert ein Verband wie der DFB nicht irgendwo Weihnachten. "Die Kapazität der letztjährigen Location 'Palais' wird in diesem Jahr nicht ausreichen, da wir von einer höheren Beteiligung der DFB-Mitarbeiter im Vergleich zum letzten Jahr aufgrund des Freitagstermins ausgehen", schreibt eine Mitarbeiterin an die Verbandsspitze. "Daher findet die diesjährige Weihnachtsfeier im Kap Europa statt". Das "nachhaltig konzipierte Kongresshaus" (Eigenwerbung) nahe der Messe gilt als eine der besseren Veranstaltungsorte in Frankfurt.
Die DFB-Fetenplaner veranschlagten in ihrem Budget allein für Getränke 141,37 Euro pro Person, was durchaus den Vorsatz zum Vollsuff erfüllen dürfte. Für das Büfett wurden weitere 150 Euro pro Mitarbeiter angesetzt. Zur vorweihnachtlichen Unterhaltung der DFB-Truppe war zudem eine Lotterie geplant, eine Band, ein DJ und, als Höhepunkt des Abends, der Auftritt eines Comedians. Geplante Gage für den Spaßmacher: 10.000 Euro.
Doch irgendwie bekam die DFB-Spitze dann doch noch Angst vor der eigenen Spendierlaune. Die Nummer mit dem Comedian wurde kurzerhand gestrichen, stattdessen stellten sie einen hauseigenen DFB-Spaßvogel auf die Bühne.
Auch sonst wurde die Veranstaltung offenbar leicht abgespeckt. Heute sagt der Verband, die Weihnachtssause sei viel billiger gewesen, als die Planungen vorsahen. Man habe für Essen und Getränke zusammen nur 169 Euro pro Person ausgegeben. Stellt sich die Frage, ob nicht auch diese Summer im Grunde völlig inakzeptabel ist.
"Mit gemeinnützig gebundenen Mitteln des DFB sorgsam umgehen"
Immerhin, im Sommer 2017 schrieb General Curtius an die Verantwortlichen der DFB-Tochterunternehmen. Hinweise "unserer Steuerexperten" hätten dazu geführt, die "steuerlichen Regelungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen" zu überdenken. "Insbesondere das Gemeinnützigkeitsrecht fordert von uns, dass wir mit den gemeinnützig gebundenen Mitteln des DFB sorgsam umgehen."
"Bezogen auf den DFB bedeutet das, dass der Freibetrag von 110 Euro und der volle Betriebsausgabenabzug nur für die Arbeitnehmer des DFB zur Anwendung kommt und nicht für Tochter- und Enkelgesellschaften." Dies verursache beim DFB eine "erhebliche Zusatzbelastung", weil alle Fetenausgaben über der Freigrenze mit 25 Prozent versteuert werden müssten - plus Soli und Kirchensteuer.
Damit die Steuerlast bei künftigen Partykosten nicht mehr ganz so hoch ist, sollten die DFB-Töchter einen Teil der Sause künftig selbst zahlen. Die Steuerbelastung für den DFB-Konzern würde sich damit "erheblich reduzieren". So sieht also Sparen beim DFB aus: statt Kosten zu kappen, Kosten einfach besser verteilen.
Lustreise nach Oberbayern
So feierte man beim DFB fett weiter. Und wenn schon das DFB-Fußvolk zu Weihnachten derart die Puppen tanzen ließ, setzten die Funktionäre noch einen drauf. In DFB-Kreisen dafür bekannt und beliebt: die Jahresabschlusstagungen zur Vorweihnachtszeit. Im Jahr 2016 lud die DFB-Spitze die gesamte ehrenamtliche Funktionärskaste ihrer Landesverbände sowie viele Ehemalige nach Grassau am Chiemsee ein.
Quasi als Dankeschön für ihren Einsatz im Ehrenamt schmiss der Verband für alle eine aufwendige Party - inklusive Galaabend im Sporthotel und eigenem Weihnachtsmarkt auf der Insel Herrenchiemsee. Gerechtfertigt wurde die Lustreise ins schöne Oberbayern übrigens mit einer Sitzung des DFB-Präsidiums und des rund 70-köpfigen Vorstandes.
Ein Jahr später setzten die DFB-Bosse noch einen drauf. Statt in einem Sporthotel logierten die Teilnehmer 2017 in der denkmalgeschützten Villa Kennedy in Frankfurt, einem der Fünfsternehotels der Stadt. Abwechslung muss sein, auch wenn allein die Übernachtungskosten mit fast 39.000 Euro zu Buche schlugen. Der DFB begründet die Veranstaltung mit einer "Konferenz der Regional-und Landesverbands-Präsidenten", zudem seien auch noch die "Vorstandssitzung des DFB sowie die Präsidiumssitzung abgehalten" worden. "Durch die terminliche Zusammenlegung von Bundestag und Jahresabschluß-Tagung konnten Reisekosten eingespart werden."
Der Verband zahlt
Geld, das offenbar an anderer Stelle mit vollen Händen wieder rausgeschmissen wurde. Zum Rahmenprogramm der dreitätigen 100.000-Euro-Veranstaltung gehörte auch in dem Jahr ein eigens für die DFB-Granden inszenierter Weihnachtsmarkt im Innenhof der Villa. Weiterer inoffizieller Höhepunkt der offiziellen Funktionärstagung: Ein Abend im weit über Frankfurt hinaus bekannten Tigerpalast - einem Varietétheater, das seine Gäste nicht nur mit akrobatischen, sondern auch mit kulinarischen Spitzenleistungen verwöhnt. Vorgefahren wurde die Funktionärsgilde standesgemäß im S-Klassen-Fahrservice des damaligen Sponsors Mercedes-Benz.
Drinnen hieß es für die Fußballfreunde dann kräftig hoch die Tassen. Neben Tickets (7229,75 Euro) und Drei-Gänge-Menü (7078,50 Euro) gönnten sich die 110 DFBler, ausweislich der Bewirtungsbelege, Flüssiges für 6393 Euro. Bier, im Fußball als Feierstimulanz nicht wegzudenken, ist dabei unter DFB-Würdenträgern offenbar eher verpönt. Stattdessen süffelte die Delegation 16 Flaschen Champagner Taittinger Brut für 1568 Euro, 50 Flaschen Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée für 2100 Euro sowie 21 Flaschen Rotwein Château Grand Village für 924 Euro.
Kosten der vorweihnachtlichen Funktionärsfete im Tigerpalast: 20.848,25 Euro. Man gönnt sich ja sonst nichts - es zahlte wieder der Verband.