Karriere-Ende von Walkenhorst
Das Golden Girl kann nicht mehr
Bei Olympischen Spielen gibt es meistens einen Wettkampf, der den Leuten noch nach Jahren im Gedächtnis haften bleibt. Meistens sind es Sportler, die man zuvor in der Öffentlichkeit noch gar nicht so wahrgenommen hat und die plötzlich zu Stars werden, deren Name jeder kennt: Die Ringerbrücke von Pasquale Passarelli 1984 in Los Angeles war so ein Ereignis oder der Gewichtheber der Herzen, Matthias Steiner, bei den Spielen von Peking 2008.
Auch die Sommerspiele von Rio vor zwei Jahren hatten so ein Aha-Erlebnis: Es fand im Sand von Brasilien statt, es war die Stunde der Golden Girls, der Olympiasiegerinnen im Beachvolleyball Laura Ludwig und Kira Walkenhorst.
Laura Ludwig, Darling aller Medien, extrovertiert, in der Öffentlichkeit mehr oder weniger ständig gut drauf und zuweilen aufgedreht bis an die Grenze. Und ihr Gegenpart, die stillere, konzentrierte Kira Walkenhorst. Ein Duett, das möglicherweise auch so gut funktionierte, weil es aus so zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten bestand, verschieden im Auftreten, auf dem Beachvolleyballfeld jedoch eine perfekte Kombination.
Der Rücken, die Hüfte, die Rippen
Die wird es nicht mehr geben. Walkenhorst, vier Jahre jünger als ihre Partnerin, hat kapituliert. Vor den Schmerzen, mit denen sie seit Jahren zu tun hat: der Rücken, die Hüfte, die Rippen. Volleyball, zudem noch im Sand, aus dem man sich bei jedem Spielzug neu in die Höhe abfedern muss, ist ein hochbelastender Sport für die Gelenke, für die Muskulatur. Mancher Körper ist auf Dauer dafür gemacht. Der von Kira Walkenhorst gehörte nicht dazu.
Sie habe "die Warnsignale des Körpers in den letzten Jahren vielleicht zu sehr in den Hintergrund gedrängt", sagte die 28-Jährige. Probleme hatte sie schon vor dem Olympiasieg, Rio war noch einmal eine Energieleistung, die sie sich abverlangte. Nach all den Belastungen aus zuvor schon mehr als zehn Jahren Volleyball auf hohem, teilweise höchstem Niveau. Beachvolleyballer hasten von Turnier zu Turnier, von Sankt Petersburg nach Antalya, von Yokohama zum Timmendorfer Strand. So geht das fast das ganze Jahr.
Niclas Hildebrand, der Sportdirektor Beach im Deutschen Volleyballverband, spricht von einem "geschundenen Körper", ein sehr großes Wort, aber bei Walkenhorst hat das schon seine Berechtigung. Sie hat es noch einmal versucht, es schien nach Rio auch immer noch weiterzugehen mit den Erfolgen: 2017 wurden Ludwig und Walkenhorst Weltmeisterinnen, noch einmal wurden sie zu Sportlerinnen des Jahres gewählt, da schien das nächste Ziel nur logisch zu sein, Schmerzen hin oder her: die olympische Titelverteidigung 2020 in Tokio.
Die Bühne gehört jetzt beiden
Die muss jetzt Laura Ludwig mit einer neuen Teamkollegin an ihrer Seite angehen. Margarete Kozuch ist wie Ludwig 32 Jahre alt, ein ähnlicher Typ wie Ludwig, öffentlichkeitsbewusst, der Sportinformationsdienst nennt sie einen "PR-Profi". Kozuch ist hoch erfahren in der Halle, war fünfmal nacheinander Volleyballerin des Jahres in Deutschland. Es dürfte das Spannendste sein, wie sie und Ludwig miteinander agieren, ob und wie sie harmonieren. Die Bühne gehört jetzt zwei Spielerinnen, nicht mehr Ludwig allein.
Die schaute schon wieder nach vorn: "Maggie bringt alles mit, was man braucht. Sie ist unheimlich athletisch, hat eine wahnsinnige Ballkontrolle und ist ein echter Fighter", wird Ludwig in einer Mitteilung ihres Managements zitiert. Im April in China wollen die beiden erstmals bei einem Turnier gemeinsam auftreten, im Juni wartet dann die Heim-WM in Hamburg.
Kira Walkenhorst wird dort und ein Jahr später in Tokio Zuschauerin sein, ihre mit Titeln übersäte Karriere geht ohne großen Glamour unspektakulär zu Ende. Sehr viel Erholung dürfte ihr aber dennoch nicht zuteil werden. Ihre Ehefrau hat im Oktober Drillinge zur Welt gebracht. Das wird anstrengend.