Rezept für Heilbuttfilet mit Erbsen-Minz-Mousseline
Erbsen zählen und mit Minze mixen
Wir unterbrechen unser WM-Kochprogramm kurz für ein brandaktuelles Rezept, das in seiner Minzigkeit zwar sofort an die nicht minder stark aufspielenden Engländer erinnert, aber mit dem südkoreanischen Vorrundengegner der Deutschen Fußballnationalmannschaft so wenig zu tun hat, wie Julian Draxler mit seiner früheren Form. Wer nun aber unbedingt in Memoriam ein typisches Gericht von dieser fernen asiatischen Halbinsel kochen möchte, der sei auf das an dieser Stelle bereits hinlänglich rezeptierte Bibimbap verwiesen.
Obwohl hierzulande fast jedes Kind mehr oder weniger gerne Erbsen verspeist, haben die wenigsten von ihnen schon einmal frische Erbsensamen aus den zarten, hauchfein behaarten Hülsen gepalt - nur etwa zehn Prozent der Ernte landet als als "Hülsenfrucht" erkennbare Frischware auf den Märkten. Der Rest wird maschinell aus den Hülsen gelöst und tiefgekühlt angeboten, oder bringt Vegetarier als Trockenfrüchte eiweißmäßig durch den Winter.
Kulinarisch gesehen ist es bei fast allen Erbsen-Zubereitungsarten kein großer Nachteil, das Gemüse aus dem Froster zu verwenden. Zumindest, wenn starke zusätzliche Aromen wie Minze, Anis, Bohnenkraut und Oregano dabei sind. TK-verträglich sind auch Pürees und Mischgerichte wie Leipziger Allerlei, Petits pois á la française oder die italienische Nationalspeise Risi e Bisi. Doch wenn es diese uralten Eiweißlieferanten - Erbsen wurden im Vorderen Orient schon vor 9000 Jahren angebaut - bis Ende Juli als knackfrische Schotenware gibt, dürfen sie unser Kochleben gerne begrünen.
Allerdings umweht in Deutschland die Erbse historisch auch ein ziemlich morbider Hauch. Früher galt die Hülsenfrucht als Totenspeise: Wer in der Karwoche die zu diesem Zeitpunkt nur als Trockenware verfügbaren Erbsen kochte, hatte angeblich bald eine Leiche im Haus. Bis heute gehört denn auch die Erbsensuppe in vielen Gegenden des Landes auf die Speisekarte eines jeden Leichenschmauses.
Morbide Erbsenzählereien
Rings um den Bodensee gibt es dazu noch den Brauch des "Klöpfelns". An jedem Advents-Donnerstag werden Trockenerbsen von der Straße auf die Fenster der Häuser geworfen. Zu Pestzeiten war das eine bewährte Methode, um mit dem gebotenen Abstand feststellen zu können, ob es noch Überlebende in einem Haus gibt.
Wesentlich lebensbejahender sind die frischen, an Eukalyptus erinnernden Aromastoffe der kleinen grünen Gaumenversuchung: Cineol und Cyclocitral sorgen durch Reizung der Trigeminus-Nerven für einen minzigen Kühleffekt. Kein Wunder also, dass die Erbse in vielen Länderküchen gern mit Minze kombiniert wird - legendär ist das britische Nationalgericht Fish and Chips, das erst durch den mit Minzblättchen aromatisierten Erbsen-Stampf Mushy Peas seine kulinarische Vollendung findet.
Auf die Minze kommt es an
Dass dieses leicht stückige Püree so oft grauenhaft an Kaugummi erinnert, liegt fast immer an den falschen Minzesorten. Auch unser Rezept für "Heilbuttfilet mit Erbsen-Minz-Mousseline" misslingt garantiert, wenn eine falsche, nach Spearmint schmeckende Varietät benutzt wird. Einzig die original Türkische Nana-Minze (Mentha spicata v. crispa) hat die nötige Schärfe für herzhafte Gerichte. Sie ist zu erkennen an ihrem fruchtigen, an Kümmel erinnernden Geschmack und ihren stark gekrausten, dunkelgrünen Blättern. Das Menthol dieser Minze reizt die Schmerzrezeptoren der Zunge, hinterlässt dabei aber eher einen kühlenden Eindruck.
Und weil in der Hobbyküche so wenig wie möglich weggeschmissen wird, nutzen wir die Gunst der großen Abfallmenge. Bei 1,2 Kilo Gesamtgewicht bleiben nach dem Palen etwa 400 Gramm Samen. Normalerweise landet der Rest im Müll. Das ist schade, denn gerade die in diesen Wochen geernteten Erbsensorten haben reichlich Aroma in den Hülsen - das muss ausgekocht werden!