Änderung am magnetischen Weltmodell
Pol wandert - Forscher müssen reagieren
Eigentlich jedes Smartphone hat mittlerweile einen Kompass - und damit der richtig funktioniert, müssen seine Messungen regelmäßig korrigiert werden. Das hat damit zu tun, dass sich das Magnetfeld unserer Erde, an dem sich der Kompass orientiert, beständig leicht verändert.
Besonders augenfällig ist die Bewegung der Magnetpole. Der arktische Magnetpol etwa liegt unweit des Nordpols - aber eben nicht genau darauf -, und er verändert seine Position jedes Jahr merkbar.
Um dem Rechnung zu tragen, passen Experten das für die Kompasskorrektur verwendete Modell beständig an. In dieser Woche ist das World Magnetic Model allerdings außerplanmäßig korrigiert worden. Erstellt wird es vom National Geophysical Data Center (NGDC) in den USA in Kooperation mit dem British Geological Survey (BGS) in Großbritannien.
Wichtig sind die Korrekturen vor allem für die Navigation in hohen Breiten. Woanders fällt es nicht so stark ins Gewicht, dass die Kompassnadel eben nicht genau nach Norden zeigt, zu dem Punkt, um den die Erde rotiert, sondern zum Magnetpol in der Nähe. Während das Problem für die allermeisten Smartphonenutzer womöglich nicht allzu drängend ist, sind Flugzeuge und Schiffe zum Beispiel in der Arktis auf möglichst akkurate Navigationsdaten angewiesen.
Verschiebung durch Shutdown
Normalerweise wird das magnetische Modell der Erde alle fünf Jahre überarbeitet. Die letzte Fassung stammt von 2015, demnach wäre eine Neuveröffentlichung der Daten Ende dieses Jahres nötig gewesen. Aber weil sich der Pol so schnell bewegt, sahen sich die Forscher zu schnellerem Handeln genötigt. Ursprünglich wollten sie schon zum Jahreswechsel 2018/2019 ein Udpate veröffentlichen - also ein Jahr vor dem regulären Termin. Dann kam ihnen der Shutdown in den USA dazwischen, die Schließung wichtiger Regierungsbehörden wegen fehlender Haushaltsmittel.
Nachdem dieses Problem durch einen Kompromiss zwischen Kongress und Präsident Donald Trump zumindest zeitweise gelöst wurde, war nun die Veröffentlichung möglich. Ende des Jahres soll es dann die nächste Überarbeitung zum regulären Termin geben.
Seit der ersten Positionsbestimmung im Jahr 1831 hat sich der arktische Magnetpol bereits um 2300 Kilometer verschoben - und er bewegt sich weiter. Seit der Jahrtausendwende liegt die Geschwindigkeit bei etwa 55 Kilometern pro Jahr. Er wandert aus dem Bereich der kanadischen Arktisinseln über den zentralen Bereich des Arktischen Ozeans in Richtung Sibirien.
Bewegungen im flüssigen Teil des Erdkerns
Der Grund für die Veränderungen dürfte tief im Inneren unseres Planeten zu finden sein. Dort sorgen Bewegungen im flüssigen Bereich des Erdkerns für das Entstehen des Magnetfeldes, Forscher sprechen vom sogenannten Geodynamo. Und diese Bewegungen der Materie aus geschmolzenem Eisen und Nickel variieren mit der Zeit minimal - und sorgen so dafür, dass der Pol wandert.
Das Erdmagnetfeld schützt unseren Planeten vor gefährlicher Strahlung aus dem All, die Partikel des Sonnenwindes werden abgeschirmt. Außerdem sorgt es dafür, dass nahe der Pole Polarlichter entstehen - weil kosmische Teilchen hier weit in die Atmosphäre vorstoßen können. Auch über dem Südatlantik ist das Magnetfeld verblüffend schwach, hier stoßen kosmische Teilchen ebenfalls weit in die Erdatmosphäre vor.
Die Polarität des Feldes hat sich in der Erdgeschichte immer wieder umgekehrt, das lässt sich anhand von Gesteinsproben zeigen. Aktuell schwächt sich seine Stärke ab, was ein Indiz für eine sogenannte Polumkehr sein könnte. Auf geologischen Skalen ist dieses Ereignis sozusagen überfällig, das letzte Mal hat es sich vor 780.000 Jahren ereignet.
Das heißt aber nicht, dass es unmittelbar bevorsteht. Und selbst wenn es so wäre, würde der Prozess längere Zeit dauern.
chs