Bayern-Aus im Champions-League-Achtelfinale
Ein deutsches Fiasko
Erkenntnis des Achtelfinals: Der deutsche Fußball ist schwer geschrumpft - und gehört nicht mehr zu den Großen im wichtigsten europäischen Wettbewerb. Völlig verdient hat sich der FC Bayern im Achtelfinale gegen den FC Liverpool aus der Champions League verabschiedet. So früh wie zuletzt in der Saison 2010/11. Auch Schalke 04 (sehr deutlich gegen Manchester City) und Borussia Dortmund (deutlich gegen Tottenham) scheiterten in der Runde der letzten 16. Erstmals wurden alle drei deutschen Klubs in der K.-o.-Phase von englischen Vereinen rausgeworfen. Die TSG Hoffenheim hatte nicht mal die Gruppenphase überstanden. Damit findet das Champions-League-Viertelfinale zum ersten Mal seit 13 Jahren ohne deutsche Beteiligung statt. Mit acht Monaten Verspätung manifestiert sich auf Klubebene, was schon bei der WM 2018 auf Nationalelfniveau zu beobachten war: Der deutsche Fußball wurde abgehängt.
Das Ergebnis: Der FC Bayern verlor 1:3 gegen den FC Liverpool (hier geht es zum Spielbericht). Da half es auch nicht, dass DFB-Direktor Oliver Bierhoff zwischenzeitlich mit einem Bayern-Schal um den Hals neben Bundestrainer Joachim Löw auf der Tribüne saß. "Wir haben heute unsere Grenzen aufgezeigt bekommen", analysierte Bayern-Trainer Niko Kovac.
Spieler des Spiels: Große Spiele werden durch Kleinigkeiten entschieden - oder durch große Spieler. Liverpools niederländischer Abwehrchef Virgil van Dijk ist mit knapp 80 Millionen Euro Ablöse nicht nur der teuerste Verteidiger der Geschichte, sondern aktuell auch der beste der Welt. Bayerns Starstürmer Robert Lewandowski nahm er jeglichen Spaß. Und dann sorgte der 27-Jährige auch noch mit einem Kopfball für den vorentscheidenden Treffer. Bayerns Mats Hummels und Javi Martínez prallten beim Luftduell an ihm ab wie die Brandung am Deich.
Die erste Hälfte: Wenige Torszenen, dafür zwei kuriose Treffer: Erst verlief sich Bayern-Torwart Manuel Neuer im eigenen Strafraum und gewährte Sadio Mané so das Führungstor zum 0:1 (26.). Dann traf Liverpools Innenverteidiger Joel Matip nach feiner Vorarbeit von Serge Gnabry ins eigene Tor (39.). Neuer und Matip spielten lange für Schalke 04, so passten die Szenen in diese unschönen Zeiten für Königsblau: Hast du Schalke am Schuh, hast du Schalke am Schuh.
"Manu der Stürzer": Neuer machte sein 100. Spiel in der Champions League, was vor ihm nur drei andere Deutsche schafften. Aber wer sehr lange dabei ist, bei dem erkennt man irgendwann auch den beginnenden Verschleiß. Neuer war einmal ohne jeden Zweifel der beste Torwart des Planeten und revolutionierte 2014 mit seinen Ausflügen das Torwartspiel. Doch "Manu der Libero" scheint sein Gespür für den Moment verloren zu haben. Beim 0:1 durch Mané stürzte Neuer grundlos aus seinem Tor heraus und wurde vom Liverpooler Angreifer umspielt. Auch wenn Rafinha ebenso durch den Strafraum irrte, war das ein schwerer Torwartfehler.
Die zweite Hälfte: Hatte Liverpool im ersten Durchgang nur 37 Prozent Ballbesitz, so übernahm die Elf von Trainer Jürgen Klopp nun die Hegemonie auf dem Feld - und im Luftraum. Van Dijk köpfte zum 1:2 ein (69.), und auch Mané traf per Kopf (84.). In beiden Szenen kam Hummels zu spät. Hatte Bundestrainer Löw vielleicht nicht ganz unrecht, als er entschied, demnächst auf den Münchner zu verzichten?
Detective Beckenbauer: Ähnlich schwach wie das Bayern-Spiel war auch das Vorprogramm: Es war schon recht eigentümlich, wie beim übertragenden TV-Sender Sky ein Interview mit Franz Beckenbauer als Audienz inszeniert und der 73-Jährige als Fußball-Heiliger gefeiert wurde. Wohlgemerkt bei einer Person, die sehr wahrscheinlich eine tragende Rolle in der Sommermärchen-Affäre 2006 gespielt hat. Aber wenn schon die TV-Reporter nicht als Investigative unterwegs waren, so hatte zumindest Beckenbauer sein Schnüffler-Outfit dabei. Sein schicker, schwarzer Hut machte sogleich Karriere bei Twitter. Etwas zu sagen hatte der Ehrenpräsident des FC Bayern dann auch noch: "Jürgen Klopp beim FC Bayern, das wäre der Höhepunkt", befand Beckenbauer. Er kann ja mal ermitteln, wie die Chancen auf eine Zusammenarbeit in der Zukunft stehen. Allerdings bleibt die Frage, warum sich Klopp eine Liga antun sollte, die im internationalen Vergleich nicht mehr zur Weltspitze gehört.
Bayern München - FC Liverpool 1:3 (1:1)
0:1 Mané (26.)
1:1 Matip (Eigentor, 39.)
1:2 van Dijk (69.)
1:3 Mané (84.)
Bayern: Neuer - Rafinha, Süle, Hummels, Alaba - Martínez (72. Goretzka), Thiago - Gnabry, James (79. Sanches), Ribéry (61. Coman) - Lewandowski
Liverpool: Alisson - Alexander-Arnold, Matip, van Dijk, Robertson - Henderson (13. Fabinho) - Wijnaldum, Milner (87. Lallana) - Salah, Firmino (83. Origi), Mané
Zuschauer: 70.000 (ausverkauft)
Schiedsrichter: Daniele Orsato (Italien)
Gelbe Karten: Martínez, Sanches / Matip, Fabinho