Herbstliche Rosenkohl-Bowl
Kohlossal
Selten lässt sich Name und Herkunft eines Gemüses so klar einer Stadt zuordnen, wie beim Rosenkohl: "Choux des Bruxelles" nennen ihn die Wallonen und Franzosen, "Brussels sprouts" die Briten, und auch die Spanier erinnern mit "col de Bruselas" an den Ort, wo dieses Wintergemüse in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts erstmals in größerem Stil kultiviert. Auf Deutschen Märkten wurde es erst als "Brüsseler Sprossen" und später als "Brüsseler Kohl" angeboten. Am Ende setzte sich dann aber die Assoziation des Knöllchens mit der optisch sehr ähnlichen geschlossenen Pfingstrosenblüte durch.
Der "Brüsseler" galt früher als der Bitterste unter den Kohlen. Verantwortlich dafür sind die Glucosinolaten, chemische Verbindungen aus Schwefel und Stickstoff. Beim Schneiden und anschließenden Kochen werden sie auf ein kulinarisches Maß gemildert. Doch Vorsicht, zu langes Erhitzung bestraft der Rosenkohl mit brauner Färbung und dumpfer Aromatik.
Ohnehin wurde wie den meisten essbaren Nutzpflanzen längst auch den kleinen Brüsselröschen durch Zuchtauswahl das Herb-Bittere weitgehend ausgetrieben - im Vergleich zu dem Kohl, den es vor 20 Jahren bei Oma gegeben hat, ist er heute fast schon für kindlichen Geschmack kompatibel. Heutzutage unterscheiden sich die gehandelten Sorten eher in Größe und Farbe. Geschmacklich gibt es keine großen Unterschiede zwischen frühreifen Sorten wie Rosella, Auslese und Rubine, mittespäten (Igor und Hilds Ideal) oder Spätis wie Roodnerf, Groninger und Sanda.
Lieber karamellisiert als verbittert
Entscheidend ist die Zubereitungsart. Für unsere heutige "Herbstliche Rosenkohl-Bowl" schneiden wir die Röschen vor dem Garen in dünne Scheiben. An den Schnittkanten bildet sich das Enzym Myronase, das beim scharfen Anbraten in Olivenöl aus den Senfölen die Glucose abspaltet - was in der heißen Pfanne zu wunderbaren Röst- und Karamell-Aromatiken führt. Danach dünsten wir den Kohl mit Hilfe von Sojasauce, Wermut und Honig bissfest. Das verleiht ihm eine edle Balance.
Auch die anderen Zutaten unserer Bowl haben gerade Hochsaison. Wir glasieren zwei Möhrensorten unterschiedlicher Färbung und karamellisieren Äpfel-Halbmonde in ausgelassenem Speckfett. Als Pilze - mit ihren Umami-Erdnoten eine wunderbare Ergänzung zu Rosenkohl - kann man alles nehmen, was der Wochenmarkt im Moment so anbietet: Pfifferlinge, Buchenpilze, Totentrompeten, Kräuterseitlinge, Steinpilze oder Austern-Seitlinge.